Dieses Lächeln macht 96 froh

Miller und 96 hatten sich dennoch wie bereits beim Ausbruch der Krankheit dafür entschlossen, genau diesen Weg einzuschlagen. „Wir haben uns für diese Form entschieden, um so den ersten Ansturm für Markus etwas zu blockieren“, sagte 96-Sportdirektor Jörg Schmadtke.
Vor Miller war noch kein Bundesligaprofi mit einer psychischen Krankheit derart offen umgegangen, und es ist auch noch keiner zurückgekehrt in den Sport. Der Familienvater, der sich bei Therapeuten, Familie und 96 („Viel besser kann ein Klub damit nicht umgehen“) bedankte, wehrte sich nicht dagegen, in diesem Fall ein „Vorbild“ zu sein. „Wenn es dazu beiträgt, dass sich das Bewusstsein in der Öffentlichkeit ändert, dann bin ich gerne ein Vorbild“, sagte er. Nach Miller hatte auch Schalkes Trainer Ralf Rangnick den Mut, zu seinen psychischen Problemen zu stehen. „So ernst das mit ihm ist, mir hat das ein wenig Erleichterung gebracht, weil ich nicht alleine in der Öffentlichkeit stehe“, sagte Miller.
Die Rückkehr des Torhüters in den Profialltag könnte auch für Rangnick ein Signal sein. „Markus’ Fall zeigt, dass der Weg zurück immer möglich ist“, sagte Sportdirektor Schmadtke. Der Gang in die Öffentlichkeit habe bei der Genesung geholfen, meinte Miller, der dann für eine Selbstverständlichkeit um Verständnis bat: „Ich hoffe, Sie verstehen, dass ich keine weiteren Details zur Behandlung nennen und nichts Persönliches preisgeben möchte.“
Fest steht, dass der Torwart und Mensch Miller im September an einem absoluten Tiefpunkt war. In einer Situation, in der er nicht mehr alleine klarkam. Er brauchte externe und aktive Hilfe, und was mindestens genauso wichtig war: Er war bereit, sie auch anzunehmen. „Es ist einfacher, an sich zu arbeiten, als 80 Millionen Deutsche zu verändern“, sagte er. „Es waren für mich interessante, spannende und emotionale Wochen.“
Eine Krise kann auch eine Chance für einen Neuanfang sein. „Ich bin neu aufgestellt“, sagte Miller. Und jetzt freut er sich, endlich zurück zu sein: „Fußball ist meine Leidenschaft, er ist ein wichtiger Bestandteil meines Lebens.“
Und in diesen Teil seines Lebens ist er zurückgekehrt. Endlich wieder Training (Miller: „Ich wäre auch mit einem ausgerissenen Bein auf den Platz gegangen“), endlich wieder Training mit der Mannschaft, mit der ihn nach eigener Aussage so viel verbindet. Eine Videobotschaft der Mitspieler habe ihm bei der Genesung geholfen. Und: „Ich hatte sofort wieder das Gefühl, dass ich ein fester Bestandteil dieses Teams bin.“ Morgens vorm Training, als einer nach dem anderen eintrudelte, sei er von jedem Einzelnen herzlich begrüßt worden. „Es war schön, mal wieder die Jungs zu drücken“, sagte er. Es war flapsig gemeint, aber man merkte, wie ernst ihm das war.
Auf dem Weg von der Kabine zur Mehrkampfanlage, da wirkte er ob des medialen Auflaufs etwas unsicher, doch spätestens, als er auf dem Trainingsplatz stand, da war er wieder in seinem Element. Die lange Pause sah man ihm in keiner Phase an, vielmehr verblüffte seine Fitness. Man sah, dass er auch in seiner „Auszeit“ hart trainiert hat. Miller ging im Trainingsspiel keinem Zweikampf aus dem Weg. „Es ist schön, den Markus wieder durch die Gegend fliegen zu sehen“, sagte Schmadtke. „Wir hoffen, dass er möglichst schnell den Kader wieder vervollständigt.“ Daran lässt Miller keinen Zweifel: „Es fehlt nicht so viel. Ich fühle mich körperlich in Topform.“
Im Kader steht er wohl schon in der nächsten Woche in Lüttich. Zu Europa-League-Spielen reist 96 mit drei Torhütern an; und die Chancen stehen für Miller gut, dabei zu sein. Das wäre dann ein Stück Normalität.