Hans-Jürgen Massaquoi, Sohn einer weißen Mutter und eines schwarzen Vaters, hat die NS-Zeit in Hamburg überlebt. Seine Kindheit und Jugend verarbeitete er in dem Bestseller „Neger, Neger, Schornsteinfeger“. Vorgestern ist der Schriftsteller in Florida gestorben, an seinem Geburtstag. Er wurde 87 Jahre alt.
Massaquoi war in Deutschland geboren, konnte Plattdeutsch sprechen und unterschied sich mit seiner Hautfarbe von seinen Klassenkameraden. Hans-Jürgen Massaquoi wuchs als Schwarzer in der Zeit des Nationalsozialismus auf.
In seiner Autobiografie „Neger, Neger, Schornsteinfeger“ erzählte Massaquoi differenziert vom Überleben im NS-Staat. Das Buch wurde vor mehr als 13 Jahren zum Bestseller und 2006 verfilmt.
Hans-Jürgen Massaquoi hat überlebt, weil er nicht ins Schema der Nazis passte. Die Gruppe der Schwarzen in Deutschland war nicht groß, so dass die Nazis sie in ihrem Vernichtungsplan nach hinten stellten. „Ich habe eben auch ungeheures Glück gehabt“, sagte Massaquoi 1999 in einem Interview.
Bis 1948 lebte Massaquoi in Deutschland. Als kleiner Junge klatsche er noch für Hitler, jubelte ihm zu, als er nach Hamburg kam. Später musste er sich anhören, wie er „Neger, Neger, Schornsteinfeger“ gerufen wurde, musste Hohn und Spott ertragen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg ging Massaquoi in die USA, studierte Publizistik und Kommunikationswissenschaften. Er schloss er sich der schwarzen Bürgerrechtsbewegung an und machte Karriere als Chefredakteur.
Hans-Jürgen Massaquoi wird 1926 in Hamburg als Sohn der deutschen Krankenschwester Bertha Baetz und des aus Liberia stammenden und in Dublin studierenden Al Haj Massaquoi geboren. Seinen Vater lernt Hans Jürgen nie kennen. Sein Großvater väterlicherseits ist Momolu Massaquoi, Generalkonsul von Liberia in Hamburg und der erste Diplomat aus einem afrikanischen Land in Deutschland.
Nach einem kurzen, sorgenfreien Leben in der Villa des Großvaters zieht Hans-Jürgen noch im Kindesalter mit seiner Mutter in ein Arbeiterviertel nach Hamburg-Barmbek-Süd, weil der Großvater in Liberia als Postminister gebraucht wird. In dem Viertel lernt er Klaus Mahnke und Fiete Petersen kennen, zwei Freunde fürs Leben. Er übernachtet, während seine Mutter nachts als Krankenschwester arbeitet, bei Elisabeth Möller, die später fast zur Familie gehört; wie auch Franz Wahl, den Bertha bei der Arbeit kennengelernt hat und in den sie sich später verliebt. Er wird aber aufgrund seiner Stelle als Personalleiter dazu genötigt, in die NSDAP einzutreten.
Wegen seiner dunklen Hautfarbe entstehen dem Jungen im aufkommenden Dritten Reich zahlreiche Probleme. So wird er zum Beispiel trotz guter Leistungen in der Schule benachteiligt oder im Schulsport an den Pranger gestellt, außerdem wird ihm der Beitritt zum Jungvolk, zur Wehrmacht oder der Zutritt zu Luftschutzbunkern bei Angriffen verwehrt. Er und seine Mutter müssen gegen Vorurteile ankämpfen und versuchen, in immer unmenschlicher werdenden Zeiten zu überleben, wobei Franz als Parteimitglied nur bedingt der Familie beisteht, weshalb sich Bertha schließlich von ihm trennt. Trotzdem verbindet Hans-Jürgen die Liebe zu Deutschland und der Wunsch, einer der Ihren zu sein, mit den „arischen“ Deutschen.
Hans-Jürgen verliebt sich in die blonde und hellhäutige Evchen John. Als sie erwischt werden, wird er von der Gestapo festgenommen und kommt nur durch die Hilfe seines guten Freundes, des Polizisten, frei. Mit dessen Hilfe und der vieler anderer gutherziger Menschen gelingt es Hans-Jürgen und seiner Mutter, den Krieg in Hamburg zu überleben.
Das Titelblatt des Buches stellt ihn selbst dar und kommt aus seinem Privatarchiv, wie viele andere Bilder auch, die im hinteren Teil des Buches zu sehen sind (Schroedel Verlag), darunter Darstellungen seines Vaters, seiner Mutter und seines Großvaters. Hinzu kommen Bilder mit Jimmy Carter, Muhammad Ali und Martin Luther King.