Es ist der ganze Stolz der Hannoveraner.
Unser schönes Neues Rathaus! Die mächtige Kuppel, Türme, Steinreliefs: Majestätisch thront es im Herzen unserer Stadt, für viele ist es Hannovers wahres Schloss. Heute wird das Rathaus 100 Jahre alt.
Ende des 19. Jahrhunderts. Hannover wächst, Vororte werden eingemeindet. Das Alte Rathaus in der Karmarschstraße ist längst zu klein, ebenso das Wangenheim-Palais am Friedrichswall, wo die Ratsversammlung jetzt tagt. Bürgervereine fordern einen Neubau an der Goseriede. Stadtdirektor Heinrich Tramm hat ganz andere Pläne: Gutes Bauland wolle er nicht „verschwenden“ – das Neue Rathaus kommt in die sumpfige Aegidienmasch, außerhalb des Stadtkerns. Eine Herausforderung für die Baumeister: Wegen des morastigen Untergrunds müssen zunächst 6026 Buchenpfähle in den Boden gerammt werden, auf denen das Rathaus errichtet wird.
Der Prunkbau überragt sogar den Reichstag und wird zur Provokation: Die Welfenstadt Hannover wischt dem preußischen Kaiser Wilhelm II. klammheimlich eins aus…mit 97 Metern überragt die hannoversche Kuppel nicht nur den Reichstag in Berlin (75 Meter) – sondern auch das Stadtschloss des Kaisers (67 Meter).
Als Wilhelm II. bei der Eröffnung in der Kuppelhalle steht, hält er vergeblich nach seiner Büste Ausschau – stattdessen haben die Hannoveraner Reichskanzler Otto von Bismarck in der Eingangshalle verewigt…
Rache? Stadtdirektor Tramm wollte Zuschüsse aus dem Welfenfonds – das durch die Preußen 1867 beschlagnahmte Vermögen des hannoverschen Königshauses. Die Preußen lehnten ab, das Rathaus-Schloss wurde trotzdem gebaut. Bei der Einweihung stichelt Tramm: „Zehn Millionen Goldmark, Majestät – und alles bar bezahlt!“