Herr Schnoor und das Glück
Doch den will er ja bekanntlich nicht. Auch diesbezüglich hat Schnoor Wort gehalten: Er setzt immer noch auf seinen nun 13 Jahre alten Opel Astra, einen silberfarbenen Kombi. „Der fährt tipptopp, rostet nicht, und es passt alles perfekt rein.“ Ein Jahr TÜV hat der rollende Gefährte noch. Stünde dann nicht doch mal ein neuer Wagen an? „Mal sehen“, sagt Schnoor. Ein Auto sei für ihn ein Gebrauchsgegenstand, mehr nicht. Die eigene Wohnung sei dagegen ein echter Herzenswunsch gewesen. Geprotzt wird aber auch hier nicht. 120 Quadratmeter plus großer Dachterrasse im ersten Stock eines Altbaus aus den dreißiger Jahren sind es geworden. „Goldene Wasserhähne gibt es nicht“, meint Schnoor und grinst. „Damit will man doch nur die Freunde beeindrucken, und solche Freunde haben wir nicht.“
Bezahlt haben seine Frau und er – der Wirt hatte ihr die Hälfte des Gewinnes geschenkt – die Kaufsumme auf einen Schlag. War ja möglich mit der Million. Es sei für ihn ein Zeichen von Freiheit gewesen, sagt Schnoor. „Schließlich musste ich als kleiner, selbstständiger Unternehmer jahrzehntelang Schulden machen.“ Sarah Atashfashan, von Beruf Innendekorateurin, hat zudem ihren kleinen Laden mit Werkstatt direkt gegenüber des „Café K“ gekauft und renovieren lassen. Die Wohnung und die Umbauten der Geschäftsräume sind für das Paar die wenigen markanten Veränderungen im Jahr nach der Million. Der 50-jährige Schnoor freut sich wie ein Kind, dass er sein Café, das er seit mehr als 25 Jahren führt, aufwerten konnte. „Durch das zusätzliche Fenster ist es viel heller geworden“, sagt er strahlend. Ansonsten aber ist das gemütliche Ambiente mit den braunen Holzstühlen und den cremefarbenen Wänden geblieben. Auch den Nadelfilzteppich im hinteren Bereich, nicht gerade ein Designstück, will der Gastronom behalten. „Der ist so wunderbar strapazierfähig – einfach nur absaugen.“
Das alles gehört eben zum Prinzip Schnoor: Tun, was ansteht, und Wort halten, aber weiter keinen Wind machen. Schon auf dem Siegerstuhl bei Jauch hatte der gelernte Konditor gesagt, dass er weiterhin arbeiten werde wie bisher. Er ist wie immer täglich im „Café K“ anzutreffen, macht die Einkäufe im Großhandel und sorgt dafür, dass die berühmten Trüffel und die Käsetorte stets ebenso ihre Qualität bewahren wie der warme Mittagstisch oder die Abendgerichte. Und der öffentliche Wirbel um den Millionengewinn hatte nach drei, vier Wochen schließlich auch wieder nachgelassen.
Im vergangenen Winter hatten Medien aus der ganzen Republik über den netten Millionär mit dem freundlichen Blick und der sanften Stimme berichtet, der sich für sein Tablequiz alle 14 Tage im „Cafe K“ auch selbst regelmäßig Wissensfragen ausdenkt. Von der „Nordwestdeutschen Handwerks-Zeitung“, die sich über einen Konditor im Glück freute, bis hin zum „Spiegel“ war die Presse vertreten; auch etliche Radio- und Fernsehteams besuchten Herrn Schnoor.
Es entwickelte sich zudem eine Art Fantourismus, Hannover bekam nach Bremen plötzlich in Linden sein eigenes Schnoor-Viertel. „Da sind sogar Leute aus Berlin angereist, die sich das alles mal anschauen und sich mit mir fotografieren lassen wollten“, erzählt Schnoor. Auch das sei zwar weniger geworden. Doch ungefähr einmal pro Woche werde er noch auf der Straße auf seinen Fernsehauftritt angesprochen, bei dem er so sympathisch und lustig herüberkam. Auf Neider sei er aber nie getroffen, sagt der Gastronom.
Und er hat einen Gewinn erzielt, der nicht in Geld aufzuwiegen ist: „Die Leute bekommen ein Lächeln im Gesicht, wenn sie mich sehen. Das fühlt sich gut an für jemanden, dessen Lebensziel es immer war, gemocht zu werden.“ Auch das Geschäft fühlt sich gut an. „Meine Mitarbeiter haben sich so toll weiterentwickelt, dass ich manchmal schon denke, ich sei entbehrlicher geworden“, meint der Chef. Nach seinem Millionengewinn hatte er ihnen die Gehälter erhöht, das sei wohl zusätzliche Anerkennung und Motivation für sie gewesen. Und weil er sich nun hin und wieder „entbehrlicher“ fühlt, will er sich mit seiner Frau über Weihnachten und Silvester etwas gönnen, was die beiden noch nie gemacht haben:
Es soll nach New York und San Francisco gehen. Viel Zeit für große Reisen sei durch die Arbeit und die Bauplanungen bisher nicht gewesen, sagt Schnoor. Selbst Freundin Britta in Australien hat das Paar noch nicht besucht, obwohl das eigentlich versprochen war. „Wir waren im April eine Woche auf Teneriffa.“ Das passt am Ende zu jemandem, der Linden und Hannover liebt und von sich sagt: „Asien und Lateinamerika reizen mich nicht, und in Australien wäre Britta das Interessanteste.“
Auch in anderer Hinsicht ist sich Schnoor treu geblieben. Er guckt nach wie vor „rasend gern“ jede neue Folge von „Wer wird Millionär?“ Der letzte war er – seither hat es noch kein anderer wieder geschafft.
( Quelle: HAZ.de )