Herrenhäuser Gärten
Die Herrenhäuser Gärten in Niedersachsens Landeshauptstadt Hannover setzen sich aus dem Großen Garten, dem Berggarten sowie dem Georgen- und Welfengarten zusammen.
Der Große Garten zählt zu den bedeutenden Barockgärten Europas. Er stellt das historische Kernstück der Herrenhäuser Gärten dar, eine große, annähernd rechteckige, von einer Gracht umschlossene Gartenfläche. Davon räumlich getrennt sind der Berggarten, der Georgengarten und der Welfengarten. Der Berggarten entwickelte sich von einem Gemüse- und Anzuchtgarten zu einem botanischen Garten mit eigenen Attraktionen. Im Stil englischer Landschaftsgärten sind der Georgengarten und der Welfengarten angelegt, welche als beliebte Naherholungsgebiete innerhalb der Stadt Hannover gelten. Gemeinsam ist allen vier Gärten eine mehrere hundert Jahre alte Geschichte und eine Attraktivität bis in die heutige Zeit.Unumstrittener Mittelpunkt ist die große Fontäne, die bei guter Witterung eine Scheitelhöhe von über 80 Metern erreicht.

In den Herrenhäuser Gärten finden jährlich die Internationalen Feuerwerkswettbewerbe statt. Zwischen Mai und September treten die besten Pyrotechniker der Welt gegeneinander an. Ab 2007 wird jede der teilnehmenden Nationen zunächst ein Pflichtprogramm zu festgelegter musikalischer Begleitung zu absolvieren haben. Anschließend können sich die Nationen in einer individuellen Kür präsentieren. Den Feuerwerken voraus geht ein vielfältiges Rahmenprogramm, das eine Mischung aus Kleinkunst, Musik und Gartentheater bietet.

Die Entstehung
Herzog Georg von Calenberg ließ 1638 bei Herrenhausen, das damals ein selbständiges Dorf namens Höringehusen war, einen Garten mit Gebäuden anlegen. Zu diesem Zeitpunkt entsprach der Große Garten von seiner Ausdehnung her der Größe eines Ziergartens. Georg von Calenbergs Sohn Johann Friedrich ließ sich hier ein Schloss erbauen und beauftragte seinen Gärtner Michael Grosse mit dem Bau eines Lustgartens.

Zwischen der ersten Anlage des Gartens bis zu seiner heutigen Ausdehnung unternahmen die folgenden Besitzer erhebliche Veränderungen und Erweiterungen. Das wahrscheinlich größte Motiv für die Erweiterungen der Gartenanlage besaß Herzog Ernst August, dessen Ernennung zum Kurfürsten im Jahre 1692 bevorstand.
Erste kleinere Erweiterungen fanden durch Henri Perronet (gest. 1690) statt; der Große Garten war zu diesem Zeitpunkt von seinen Abmessungen her etwa halb so lang und breit – also ein Viertel so groß – wie heute. Zwischen 1676 und 1680 fanden erhebliche Ausbauarbeiten statt. In diesem Zeitraum wurde das Herrenhäuser Schloss erweitert und 1676 die Große Kaskade sowie ein Jahr später die Grotte erbaut. Federführend für die Arbeiten an Schloss und Gartenanlage waren in dieser Zeit der Hofarchitekt Sartorio, Fontainenmeister Cadart (Catarre) sowie Hofbaumeister Westermann.

Orangerie
Die Hauptaufgabe des Fontainenmeisters bestand darin, die zahlreichen Wasserspiele und vor allem die Große Fontäne mit Wasser zu versorgen. 1686 reist Cadart mit dem Hofbaumeister Westermann und dem Zimmermeister Heimsohn nach Bremen, um die dort errichtete Wasserkunst zu besichtigen. Die drei Herren schlugen vor, auch in der Leine bei Herrenhausen ein Schöpfrad wie in Bremen zu erbauen, man konnte sich aber zunächst nicht darüber einigen, wo das Rad aufgestellt werden sollte. 1687 begann man, vom Benther Berg Wasser nach Herrenhausen zu leiten. 1689 wurde Cadart wegen Untauglichkeit entlassen. Sein Nachfolger Oberbaumeister J. G. de Munter starb schon 1693. Nun holte man einen Franzosen, den Kunstmeister Pierre Denis aus Paris, der 1694 seinen Dienst antrat; aber auch seine Bemühungen, das erforderliche Wasser herbeizuschaffen, blieben erfolglos. Erst 1696 kam Gottfried Wilhelm Leibniz auf die Idee, die Leine aufzustauen und mit einem das Gefälle nutzenden Pumpwerk die Wasserversorgung der Gartenanlage zu sichern.
Aus England kamen der Mechaniker Andrews sowie der Kunstmeister Joseph Cleeves mit seinem Sohn Johann, die, nachdem andere Mechaniker gescheitert waren, mit der Realisierung betraut wurden. Zur Einweihung 1719 kam der König von England, Georg I., nach Hannover. Statt der erhofften zwanzig war der Wasserstrahl der Fontäne jedoch nur enttäuschende fünf Meter hoch. Der französische Mechaniker Desagulier erkannte den Fehler: Das Verbindungsrohr vom Bassin war nicht gekrümmt, sondern rechtwinklig gebogen. Im September 1720 waren die Arbeiten endlich beendet. Joseph Cleeves und sein Sohn wurden bei der Stadt als Kunstmeister angestellt, um die Funktionalität auf Dauer zu gewährleisten. Die Große Fontäne erreicht erstmals 1721 eine Höhe von ungefähr 36 Metern, die Leistung wurde in den Folgejahren bis auf etwa 70 Meter gesteigert; durch Einsatz einer Ringdüse wird ein Hohlstrahl erzeugt. Das als Wasserkunst bezeichnete Pumpwerk liegt außerhalb der Gartenanlage und ist heute ein funktionsfähiges technisches Denkmal.

Wichtige Weiterentwicklungen erfolgten durch Martin Charbonnier (ca. 1655-1720). Bei weiteren Baumaßnahmen entstanden in den Jahren 1707 und 1708 ein Pagenhaus im nordwestlichen Teil der Anlage sowie je ein Tempel in der südöstlichen und in der südwestlichen Ecke des Großen Gartens. Alle drei Gebäude existieren noch heute.
Die Zeit unter Sophie von der Pfalz [Bearbeiten]Unter der Leitung von Kurfürstin Sophie von Hannover wurde der Große Garten neu gestaltet. Kurfürstin Sophie verlebte ihre Jugendzeit in den Niederlanden und ließ den Garten im Stil der niederländischen Barockanlagen gestalten. Der Große Garten vervierfachte bis 1714 seine Ausdehnung und umfasst heute eine Fläche von etwa 50 Hektar.
Eckpavillon an der Graft von Remy de la FosseDoch bald wuchs der Bedarf nach neuen Gebäuden. In den Jahren von 1720 bis 1723 entstand die Orangerie durch den Hofarchtitekten Böhm im Nordosten. Bereits 1739 musste die in Fachwerkbauweise ausgeführte Nordwand der Orangerie erneuert werden. Zwischen 1747 und 1749 entstand im nordwestlichen Teil ein kleineres, zweigeschossiges Gebäude als Wohnung für den Gartendirektor von Hardenberg nach einem Entwurf des Hofarchitekten Heumann.
Von 1819 bis 1821 erneuerte der Hofbaumeister Georg Ludwig Friedrich Laves das Schloss Herrenhausen und zwei Jahre später die Orangerie. Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts geriet der Große Garten in Vergessenheit, da sich die folgenden in Personalunion regierenden Herrscher von Hannover und Großbritannien in London aufhielten und sich nicht um den Garten kümmerten. Dies entpuppte sich als Glücksfall für den Garten: Während im 18. Jahrhundert viele Fürsten anfingen, ihre Barockgärten der damaligen Mode folgend in Landschaftsgärten umzugestalten, blieb der Große Garten unverändert.
1862 wählte Georg V. von Hannover Herrenhausen zu seiner ständigen königlichen Residenz. Nach dem verlorenen Krieg gegen Preußen und der Annexion Hannovers endete 1866 die gesellschaftliche Bedeutung des Großen Gartens und die Anlage verwahrloste erneut. Ein Jahr zuvor erreichte die Große Fontäne nach technischen Verbesserungen eine Höhe von etwa 56 Metern.
Nach dem Kauf des Gartens durch die Stadt Hannover im Jahr 1936 fand eine Umgestaltung statt. Dabei entstanden als Neuschöpfungen neben acht Sondergärten auch der Irrgarten, eine nachempfundene Anlage nach einem Plan von 1674 mit achteckigem Grundriss und einem Durchmesser von 38 Metern. Es ist nicht bekannt, ob sich im 17. Jahrhundert tatsächlich ein Irrgarten im Großen Garten befunden hat. Die Renovierung setzte einseitig auf den Schauwert des Gartens, der Gesichtspunkt des Nutzgartens wurde nicht berücksichtigt.

Wilhelm Busch Museum
Im Zweiten Weltkrieg wurde 1943 das Schloss Herrenhausen nach britischem Bombardement völlig zerstört. Auf den Wiederaufbau des Schlossgebäudes wurde verzichtet; die Gartenanlage war erst im Jahr 1966 annähernd wiederhergestellt. Die Grotte, die Große Kaskade und die Freitreppe des Schlosses waren unzerstört geblieben: Die Grotte sowie die Kaskade stehen noch auf ihrem ursprünglichen Platz, während die Freitreppe im folgendem Wiederaufbau der Gartenanlage an den südwestlichen Rand des Parterre versetzt wurde.